Im Eifer der Verwaltungsvorgänge passiert es manchmal, dass jemand denkt, die PARTEI wisse über alle Unzulänglichkeiten in dieser Stadt Bescheid. Und so flatterte vor Kurzem dieser schöne Brief bei uns ein. Und wegen der durchaus unchristlichen Uhrzeiten bei der Vorladung, wurde der Brief natürlich zuvorkommendst ausführliche beantwortet!
Siehe unten.
Antwortschreiben
Lieber Herr XXX,
ich freue mich, gerade nach unserer bisherig sehr konstruktiven Zusammenarbeit, mal wieder von Ihnen zu hören und hoffe auch, dass Ihnen mittlerweile mal aktuelle Auflagen kommentierter Strafgesetzbücher für Ihr Büro gegönnt wurden.
Aber nun geschwind zur Sache:
Prolog
Häää?
Sicher verstehen Sie, dass ich ohne nähere Hinweise nicht ansatzweise in der Lage bin, einschätzen zu können, ob ich hier als Zeuge überhaupt nützlich sein kann. Auch kann ich aus dem Schreiben nicht ersehen, wer denn hier konkret die beleidigte Person sein soll. Sicher ist ihnen die temporal-offene Diskrepanz des namenslosen „[…] zukünftigen Oberbürgermeisters der Stadt Chemnitz […]“ bewusst. Auch um welchen Zeitraum es sich handelt und in welcher Form dies vonstattengegangen sein soll, erschließt sich mir gegenwärtig nicht. Gleiches trifft auf die „[…] Sachbeschädigung von Wahlplakaten […]“ zu. Um welche Wahlplakate, welcher Partei, an welchem Standort, in welchem Zeitraum soll es sich hier handeln, bei denen ich durch Aussage dienlich sein könnte?
Aufgrund kapazitativer Grenzen in Wahlkampf-Stresssituationen gilt leider allgemein oft: nach der Wahl ist vor der Wahl. Dass ich mich überhaupt an irgendwas erinnern kann, oder gar am Ende dieses Schreibens an dessen Anfang, scheint mir schon fraglich.
Es sei mir auch die Frage gestattet, welche tatsächlichen Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass ich als Zeuge sachdienliche Angaben zur Aufklärung des unbestimmten Sachverhalts in dieser Angelegenheit machen kann?
Sind generell alle vorsitzenden Personen von aktiven Parteien bzw. Wähler_innenvereinigungen vorgeladen oder liegen Ihnen hier gar konkrete Hinweise und Verdächtigungen vor? Oder wurde ich als Stadtrat geladen und die Beleidigung ereignete sich, während ich die Toilette im Stadion aufsuchte? Was natürlich die Sachbeschädigung offen zu lassen scheint.
Ohne eine entsprechende Konkretisierung muss ich leider, im Besondern aber aufgrund der Uhrzeit, Abstand zur Vorladung nehmen.
Dennoch möchte ich die Zeit nutzen, wenn ich schon am Verfassen dieses Briefes bin, so selten von Ihnen höre, in eine Briefmarke investieren werde und deshalb einfach mal wild drauf los spekuliere, worum es sich denn eventuell, indizienhaft aufgrund des geringen Informationsgehalts der Vorladung, handeln könnte. Ich versuche mich auf drei Optionen zu beschränken. Auch beschränke ich mich auf die vergangene Oberbürgermeisterwahl, da ich gegenwärtig leider sehr schlecht abzuschätzen vermag, welcher zukünftige Oberbürgermeister bei zukünftigen Oberbürgermeisterwahlen bereits jetzt Opfer unsäglicher Umstände wurde, außer vielleicht Herr Fassmann 2027.
Kapitel 1
Die Beleidigung
Einleitend ist natürlich nicht bekannt, wer mit was oder wie wodurch und wann beleidigt wurde. Die Wertung „Beleidigung“ oder „Kompliment“ scheinen ebenso fließend gesellschaftlichen Anklang zu finden.
Option A
Ich freue mich Ihnen einen Teil ihrer Arbeit von vornherein abnehmen zu können. Gestern kontaktierte ich den zukünftigen außerparlamentarischen Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz, Paul Thomas Vogel. [1] Er kann sich nicht erinnern, nach §§ 77 ff. StGB einen Antrag auf Verfolgung einer Beleidigung gestellt zu haben. Dieser fühlt sich in keiner Weise beleidigt und bittet Sie, eine derart zeitaufwendige und kostenverursachende Recherche sofortig einzustellen und sich lieber mit den staatsgefährdenden Rechten Netzwerken der Stadt zu beschäftigen.
[1] https://www.partei-chemnitz.de/paul-vogel_ob-ap20/
Option B
Sollte hingegen Herr Schulze als zukünftiger Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz gemeint sein, gehe ich davon aus, da es sich hier um ein Antragsdelikt nach §§ 77 ff. StGB handelt, dass der Sven, als zukünftiger Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz als erste Amtshandlung keine andere Wahl sah, alle Verfolgungsorgane in dieser Stadt unter, von unseren Steuern bezahltem, Zeit- und Geldaufwand, scheinbar dazu zu nötigen, sein/e Ehre und Ego felsenfest zu verteidigen. Sie haben als pflichtbewusster Beamter natürlich keine andere Wahl, als dieser Sache akribisch nachzugehen. Dies begrüße ich außerordentlich. Im hier herbei spekulierten Fall könnte ich als Zeuge weder etwas zum scheinbar verletzten Ego des Herrn Schulze, noch zu irgendwelchen Sachbeschädigungen von Wahlplakaten berichten, außer unseren Eigenen. Aber dies ist Fan-Art. Schlechthin bin ich kein Zeuge dieser hochgradig unspezifischen Angelegenheiten. Auch kommt im Falle einer Beleidigung des zukünftigen Oberbürgermeisters der Stadt Chemnitz § 185 StGB gar nicht in Betracht, da es keinen Sachstand der Beamt_innenbeleidigung gibt. Unter deutlich größeren Hürden kann hier nur § 188 StGB zum Zuge kommen. Allerdings ist mir auch hier nichts bekannt.
Option C
Der Oberbürger Oehme spaltete Euba ab und gründetet das Stadtgebiet Gämmnizz. Hier herrscht er als zukünftiger Oberbürgermeister der Stadt Gämmnizz und fühlt sich vom Leben beleidigt. Aber diese Option ist es nicht wert, weiter vertieft zu werden.
Kapitel 2
Die Sachbeschädigung
Einleitend ist mir nicht klar, um welche Wahlplakate es eigentlich geht! Und wann! Und wo! Und wie! Und überhaupt!
Option A
Die Sachbeschädigung an Wahlplakaten nimmt in den letzten Jahren über das gesamte Parteienspektrum zu und ist je nach Form, Art und Weise mitunter sehr kreativ in der politischen Auseinandersetzung. Mir ist natürlich klar, dass diese Form der Bürger_innenbeteiligung den Sachstand der Sachbeschädigung erfüllen kann. Da Die PARTEI hier generell auf Verfolgung verzichtet, solange kein Leib und Leben Bedrohung findet, kann ich auch hier nichts bezeugen, weil ich schlicht auch zur vergangenen Wahl keine Sachbeschädigung angezeigt habe.
Option B
Sollte es sich wiederum allerdings um die Plakate des zukünftigen Oberbürgermeisters der Stadt Chemnitz, Sven Schulze, handeln, kann ich voller Stolz berichten, dass ich mit dieser Kampagne des kognitiven Ausfalls wirklich ganz ehrlich 08/15 zu tun habe. Nicht verheimlichen kann ich aber ein gewisses Verständnis, wenn ich es auch nicht im Einzelnen immer gutheißen mag, für evtl. Verbesserungsvorschläge dieser verstandesbeleidigenden Plakate des Herrn Schulze.
Option C
Wahlplakat Nummer 7 am Standort 50°50’30.1″N 12°53’12.7″E wurde durch Einwirkung unbekannter Person/en in der Sichtachse um 45° horizontal verdreht und mit Glitzerkleber besprüht.
Epilog
Dysthemie als Lebenselexier
Als fauler durchweg dysthymiebetagter Mensch, der sein Privatleben vollumfänglich im Bett bestreitet, kann ich auch in Funktion generell keine Termine FRÜH 9 Uhr wahrnehmen und bitte Sie, dies für zukünftige Vorladungen zu bedenken. Gern komme ich ab 14 Uhr außerhalb pandemischer Zeiten auf eine Tasse Darjeeling bei Ihnen vorbei. Auch bin ich gern bereit sachdienlich mitzuwirken, wenn ich konkret sachdienlich mitwirken kann. Leider ist dies in diesem Fall dem Anschein nach, nach meinem jetzigen Kenntnisstand, nicht gegeben.
Gruß und 1,5m-Abstand-Luftkuss
Sebastian Cedel
1. Vorsitzender Die PARTEI KV Chemnitz